Hearthstone

Gasthausgespräche: Edelweiss

Gasthausgespräche: Edelweiss

Kommt näher und spitzt die Ohren: Es ist Zeit für Gasthausgespräche, eine neue Reihe, bei der wir euch einige der großartigen Mitglieder unseres schönen Gasthauses vorstellen.

Ihr kennt Edelweiss vielleicht noch von ihren Auftritten in der Hearthstone Championship Tour, führenden Events anderer Veranstalter oder dem langjährigen Podcast „Coin Concede“, an dem sie jetzt als Co-Moderatorin mitwirkt. Aber das ist noch längst nicht alles, was es über sie zu wissen gibt! Hier spricht Edelweiss über ihren Werdegang als Wettkämpferin, den Aufbau einer Hearthstone-Community als Podcasterin und Gastwirtin und ihre Erfahrungen als Trans-Frau im Gaming-Bereich. Also setzt euch ans Feuer und lauscht unserem Gasthausgespräch!

Das folgende Interview wurde aus Gründen der besseren Lesbarkeit überarbeitet.

e23.jpg
Edelweiss ist die Kapitänin des Hearthstone-Teams Swagoi Gaming.

F: Wie hat es dich zu Hearthstone verschlagen?

A: Ich habe schon sehr früh angefangen zu spielen. Meine Schwester hat im Winter in einer Hallenarena Fußball gespielt, und währenddessen haben mein Bruder und ich uns in der dortigen Arcade die Zeit vertrieben. Später hat mein Bruder mir dann Blizzard-Spiele wie Warcraft II und Diablo II schmackhaft gemacht, die mir sofort sehr viel Spaß gemacht haben. Auch wenn Diablo II manchmal etwas gruselig für eine 11-Jährige war. Danach war ich total begeistert von Warcraft III, besonders wegen der benutzerdefinierten Spiele.

Und dann kam Hearthstone. Ich habe schon immer Kartenspiele gespielt, und auf dem College habe ich dann viele Freunde gefunden, die Hearthstone spielen. Zuerst habe ich vor allem Arena gespielt, weil ich noch nicht wirklich viele Karten hatte. Aber schließlich habe ich erste Wettkämpfe bestritten und mittlerweile ist es ein extrem wichtiger Teil meines Lebens, der mit allem anderen verflochten ist.

F: Wie sieht es mit deiner Wettkampfpräsenz aus?

A: Ich habe das Gefühl, dass ich bei Wettkämpfen oft haarscharf am Durchbruch vorbeischramme. Mein erster Auftritt, bei dem ich wohl nachhaltig Eindruck hinterlassen habe, war bei der HCT Copa America in Rio de Janeiro, Brasilien im Jahr 2018. Dort habe ich so viele großartige Spieler getroffen: Muzzy, Rase, Nalguidan, Hoej – jede Menge wirklich starke Spieler.

Die Qualifikation für dieses Event hat den Grundstein für meine Karriere gelegt. Danach habe ich dann an immer mehr Wettkämpfen teilgenommen und bei Qualifikationsturnieren und Einladungsturnieren gespielt. Ich habe an der HCT Oakland teilgenommen und wäre dort fast unter die besten 16 gekommen. Dann habe noch bei der WESG für Frauen und der WSOE II gespielt. Die WSOE II war zwar vom Produktionswert her ein wenig zu viel des Guten, aber ich hatte trotzdem viel Spaß. Dort habe ich dann Slysssa, Cora, Jia und all die anderen tollen Frauen kennengelernt, zu denen ich aufgesehen habe.

Zu exklusiven Events für Frauen gibt es unterschiedliche Meinungen. Aber diese Events liefern den Leuten weniger Gründe, nicht anzutreten. Ich glaube, viele unterschätzen die ganzen kleinen Tropfen, die schließlich das Fass zum Überlaufen bringen und jemanden an der Verwirklichung seiner Träume hindern. Wenn wir alles so zugänglich wie möglich machen, so viele Hürden wie möglich aus dem Weg räumen, damit Frauen sich im Wettkampf wohlfühlen, dann können wir mehr Leute dafür begeistern und brauchen letztendlich gar keine Events mehr nur für Frauen.

Aktuell bin ich Kapitänin des Hearthstone-Teams Swagoi Gaming. Dabei handelt es sich um so eine Art Herzensprojekt des Teambesitzers. Ich habe als einfaches Mitglied angefangen, nachdem sie mich nach meinem Auftritt in Rio de Janeiro kontaktiert hatten. Aber schließlich hat sich der ehemalige Teamkapitän anderen Dingen gewidmet und ich wurde gefragt, ob ich die Rolle übernehmen will. Ich bin jetzt seit etwas über einem Jahr Kapitänin.

Leider kann ich mit dem aktuellen System der Masters Tour Qualifiers nicht teilnehmen, weil meine familiären Verpflichtungen mich daran hindern, jedes Wochenende am Start zu sein. Aber einige meiner Teammitglieder sind regelmäßig mit dabei.

F: Wie steht es mit deinem Podcast?

coinconcede_profile_1000px1.png
Wusstet ihr, dass es Coin Concede seit 2015 gibt und von niemand anderem als Cora Goergiou mitbegründet wurde? Sie ist dann später Esportsmoderatorin und Kommentatorin geworden und hat danach sogar einen Platz in Hearthstones Designteam erhalten! Die Show läuft auch Jahre später noch und neue Folgen werden jeden Donnerstag um 20:30 Uhr amerikanischer Ostküstenzeit ausgestrahlt. Mehr Informationen gibt es unter CoinConcede.com.

A: Ich habe mich Coin Concede kurz nach Pandemiebeginn angeschlossen, nachdem einer der anderen Moderatoren aus persönlichen Gründen zurücktreten musste. Ich war zu diesem Zeitpunkt schon mehrmals als Gast dabei gewesen und hatte mich gut mit den anderen Co-Moderatoren verstanden. Nachdem also RidiculousHat und Botticus eine Zeit lang eigene Wege gingen, holten sie mich als dauerhafte Ergänzung mit an Bord. Es macht riesigen Spaß!

Wir sprechen alle unglaublich gern über das Spiel, also ist es nicht unbedingt der kürzeste Podcast. Dafür bringen wir alle unsere eigenen völlig unterschiedlichen Perspektiven ein. Ich versuche die Dinge von einem kompetitiven Standpunkt aus anzugehen, auch wenn ich persönlich gerne mit einigen recht unkonventionellen Decks experimentiere. Ich versetze mich aber auch gerne in die Designer hinein und stelle mir Fragen wie: „Wie schwächen wir diese Karten ab?“ oder „Mit welchen Karten könnten wir frischen Wind in die Meta bringen?“ Ein wenig Möchtegern-Design, könnte man sagen. Theoretisch leitet jeder von uns eine eigene Rubrik, aber wir arbeiten immer alle zusammen. Meine Rubrik heißt „Decksplanations“, also „Deckerläuterungen“. Dort gehe ich auf verschiedene Dinge näher ein, wie etwa die Frage, wie man Züge mit einer speziellen Deckliste plant; manchmal geht es auch um den allgemeinen Zustand der Meta.

F: Welche ist deine Lieblingsklasse?

A: Ich bin ein großer Magierfan. Das ist keine große Überraschung, weil Jaina einfach toll ist und sie der erste Held ist, dem man in Hearthstone begegnet. Ich habe also viele Erinnerungen an Spiele als Magier, die bis zum ursprünglichen Einfrieren-Magier zurückreichen. Das erste Deck, mit dem ich zum ersten Mal den Rang Legende erreicht habe, war der Mech-Magier. Derzeit ist Aegwynn meine Lieblingskarte. Ich finde es toll, dass sie passend zu ihrer Hintergrundgeschichte in Warcraft ihre Fähigkeiten weitergibt. Noch dazu ist es ein wirklich mächtiger Effekt! Jedes Mal, wenn man Aegwynn und Ras Frostraunen in einem Deck spielt und Ras das Todesröcheln bekommt, kommt es einem einfach vor, als würde man schummeln.

F: Und du bist auch eine Gastwirtin?

A: Ja, ich bin vor einiger Zeit aus dem Ausland zurückgekehrt und habe gemerkt, dass sich die hiesige Hearthstone-Szene während meiner Abwesenheit stark zerstreut hat. Also bin ich selbst zur Gastwirtin geworden. Selbst wenn ich nicht antreten kann, kann ich Leute zusammenbringen und die Community wieder aufleben lassen, denn das ist es, was den Spaß am Spiel wirklich ausmacht! Unglücklicherweise war ich gerade erst so richtig in Fahrt gekommen, als es mit der Pandemie losging. Wenn die Pandemie irgendwann endet, werde ich bereits in einer neuen Stadt sein. Aber ich habe Pläne, die Dinge als Gastwirtin in dieser neuen Stadt wieder ins Rollen zu bringen, sobald es wieder sicher möglich ist.

F: Hast du irgendwelche Tipps für Leute, die wie du gern etwas für die Community tun würden?

e.png
Ihre Katze Weiss hat regelmäßige Auftritte in ihrem Stream.

A: Ich finde, eine tolle Möglichkeit zur Verbesserung der Wettkampffähigkeiten ist Team Hearth Legends, eine Turnierreihe, die in jeder Erweiterungssaison veranstaltet wird. Es ist zwar ein Teamturnier, aber man spielt seine Spiele trotzdem einzeln und es gibt immer Leute, die nach Mitspielern suchen. Wir spielen um nichts, nur um unseren Stolz. Aber man kann kostenlos teilnehmen und muss sich an keinen festen Zeitplan halten.

Außerdem finde ich es wirklich schön, eine lokale Community aufzubauen, um Zeit mit anderen Menschen zu verbringen und Ideen auszutauschen. Wer Gastwirt werden will, sollte auf jeden Fall einen Veranstaltungsort auswählen, der sich gut als Treffpunkt eignet. Es muss also genug Platz für die Geräte der Spieler vorhanden sein, die Internetverbindung sollte gut genug sein, und etwas zu Essen ist immer gut, auch wenn das eher zweitrangig ist.

F: Wie war es, sich als Mitglied der Community als Transgender zu outen?

A: Das war definitiv etwas, das ich früher unter Verschluss gehalten habe, was irgendwie seltsam war. Ich habe es einigen engen Freunden erzählt. Aber da war immer diese Unsicherheit und die Annahme, dass es die Leute eh schon wissen, weil ich nicht „normal“ genug rüberkomme. Für eine ganze Weile habe ich diese zynische Annahme gehabt, dass die Leute dich verurteilen und anders behandeln, wenn sie so etwas über dich wissen, und sei es auch nur unbewusst. Es ist eine Information, die man nicht zurücknehmen kann. Die Menschen reagieren darauf mit Annahmen wie: „Oh, deshalb also …“, als wenn die Dinge mit dieser neuen Information auf einmal einen „Sinn“ ergeben würden. Mir hat die Vorstellung nicht gefallen, dass die Leute solche Gedankengänge haben.

Seit Kurzem versuche ich aber offener zu sein, weil es einfach eine zusätzliche Belastung ist, ständig das Gefühl zu haben, zu lügen. Bei jeder Frage zu meiner Vergangenheit habe diese Halbwahrheiten zum Besten gegeben, und das war ich irgendwann einfach leid.

In gewisser Hinsicht kann ich froh sein, dass ich der Hearthstone-Community als Frau beigetreten bin. Ich habe mich zu College-Zeiten geoutet. Tatsächlich war das Coming-out gegenüber meiner Studentenverbindung am schwersten. Zum Glück waren aber alle sehr verständnisvoll und bereit mit mir zu arbeiten, und es war einfach eine tolle Gruppe. Ich habe mich einer Hormonersatztherapie unterzogen und mich dann vor ein paar Jahren unters Messer gelegt. Als ich dann erst so richtig in Hearthstone „angekommen“ war, gab es für die Leute nichts mehr herauszufinden und ich musste mich gegenüber der Hearthstone-Community nicht länger als Frau „outen“. Selbst jetzt fühlt es sich nicht richtig wie ein Coming-out an, weil sich nichts geändert hat: Ich werde nicht plötzlich anders aussehen oder so – ich bin schon seit einer ganzen Weile so und verberge einfach nur nichts mehr.

Ich hatte wohl erst das Selbstvertrauen, offen darüber zu reden, nachdem Luna [von den amerikanischen Grandmasters] sich geoutet hatte. Was die Szene anbelangt, war es für sie nämlich eine viel größere Umstellung, mit einer riesigen auffälligen Veränderung. Und sie streamt jede Woche, also kann sie nichts verbergen. Die Reaktionen auf ihre Umwandlung und meine eigenen Beobachtungen waren allesamt sehr positiv, und das hat mir Mut gemacht.

Ich glaube, je mehr Menschen sich so öffentlich zur Schau stellen und sich sichtbar positionieren, desto normaler erscheinen diese Dinge. Und so wird den Leuten klar, dass noch viel mehr Menschen so sind und dass dazu auch Leute gehören, die sie kennen, mögen und verehren. Diese Präsenz hilft den Leuten, Dinge zu akzeptieren, denen sie sonst vielleicht eher abgeneigt wären.

Was also die Frauenbeteiligung und Dinge angeht, die ich gerne sehen würde: Ich glaube, dass die Leute nicht mehr so negativ über Frauen im Esportsbereich reden werden, wenn sie einfach mehr Frauen im Esportsbereich sehen, die sich noch dazu gut schlagen. Wenn nur ein oder zwei Frauen an einem Event teilnehmen, ist es wirklich hart, wenn diese eine Person dann nicht so gut abschneidet. Dann heißt es nämlich von gewissen Leuten: „Seht ihr? Deshalb sollten Frauen nicht antreten.“ Ich denke, wenn wir mehr Frauen und andere Minderheiten bei diesen Events sehen würden, dann hätten diese Trolle keine Argumente mehr.

F: Noch irgendwelche abschließenden Worte oder Grüße?

A: Ja, Grüße an meine Co-Moderatoren bei Coin Concede, Botticus und RidiculousHat. Danke, dass ihr mir eine Chance gegeben habt. Es war ein Wahnsinnsspaß und mein größtes Highlight des Jahres 2020. Ich hoffe, dass wir noch lange zusammenarbeiten können. Außerdem grüße ich noch meine Teamkollegen von Swagoi Gaming! Wir sind ein kleines Esportsteam, nicht unbedingt die Besten der Besten, aber wir sind wie eine kleine Familie. Viele von uns haben tatsächlich Ehemänner, Ehefrauen, Familien und so weiter. Es ist eine wirklich nette Gemeinschaft und ich bin stolz, ihre Kapitänin sein zu dürfen.

HS_Blog_YearoftheGryphon_Divider_600x100_EK01.png

Bild: Fußzeile, Manakristalle

Nächster Beitrag

Empfohlene Artikel